„Sowas hat manch‘ eine Berufsfeuerwehr nicht“: Diese und ähnliche Aussagen konnte man bei der Ankunft des neuen Einsatzleitwagens (ELW) der Löschgruppe Rhöndorf der Freiwilligen Feuerwehr Bad Honnef vernehmen. Mit Martinhorn kam das Fahrzeug auf den Hof des Feuerwehrhauses gefahren und brachte die geladenen Gäste zum Staunen.
Allein bei der Betrachtung der Ausstattung des Fahrzeugs wird deutlich, dass es sich wie beim Vorgängermodell um kein Fahrzeug „von der Stange“ handelt. Der 7 Meter lange und über 3 Meter hohe Einsatzleitwagen kann sich auf 190 Pferdestärken verlassen und ist auf einem Mercedes Benz Sprinter 519 CDI-Fahrgestell aufgebaut. Das Fahrzeug wiegt insgesamt 5 Tonnen und verfügt über ein Automatikgetriebe.
Den Zuschlag für den Ausbau des Fahrzeugs erhielt (wie auch beim Vorgängerfahrzeug von 2010) die Firma GSF aus Twist.
Das Planungsteam um Hauptbrandmeister Markus Prinz begann bereits im Jahr 2018 mit den ersten Überlegungen und Planungen für das Fahrzeug. Im Mai dieses Jahres war es nun endlich soweit und der nagelneue ELW konnte vom niedersächsischen Twist ins rheinländische Bad Honnef überführt werden.
Im ELW ist die neueste Funk- und Fernmeldetechnik verbaut, sodass das Fahrzeug als eines der modernsten seiner Art in der Region bezeichnet werden kann.
Wird der ELW durch die Kreisleitstelle in Siegburg alarmiert, so empfängt ein eigens im Fahrzeug installierter digitaler Meldeempfänger die Meldung und wertet diese aus. Daraufhin startet der Funk im Fahrzeug und die PCs fahren automatisch hoch – ein enormer Zeitgewinn für die Einsatzkräfte.
Besonderes Highlight des Einsatzleitwagens ist der auf bis zu sechs Meter herausfahrbare, pneumatische Mast auf dem Fahrzeugdach. Auf dem Mast sind neben einer roten Kennleuchte – zur Kenntlichmachung und Sichtbarkeit der Einsatzleitung – auch eine Wetterstation und zusätzliche Scheinwerfer für die Umfeldbeleuchtung installiert. Durch die Wetterstation können relevante Wetterdaten wie Windrichtung, Niederschlagsmenge und Windgeschwindigkeit direkt auf den fünf Bildschirmen der beiden Arbeitsplätze dargestellt werden – insbesondere bei Gefahrstoffeinsätzen sind diese Daten ausgesprochen wichtig.
Über dem Fahrersitz ist ein multifunktionaler Bildschirm angebracht, über den der Fahrer mehrere Funktionen gleichzeitig bedienen kann: Sowohl die Wegbeschreibung des Navis als auch die Funkgruppen lassen sich hier aufrufen. Nach Einsatzzuteilung und Drücken des Status 3 (Status 3 = auf dem Weg zum Einsatzort), beginnt auf dem Bildschirm automatisch die Navigation zur Einsatzstelle.
Optisch auf sich aufmerksam macht der ELW auf Einsatzfahrt durch zwei LED-Blaulichtbalken auf dem Dach sowie mehrere Front- und Kreuzungsblitzer vorne am Fahrzeug.
Akustisch ist das Fahrzeug mit einem Presslufthorn ausgestattet, dass der Fahrer mittels Fußtaster aktivieren kann.
Als Lehre aus der Flutkatastrophe 2021 in NRW und Rheinland-Pfalz, bei der es zu einem großflächigen Ausfall des Digitalfunks kam, finden sich auf dem ELW neben sieben Digitalfunkgeräten auch drei Analogfunkgeräte. Dementsprechend ist auf dem Dach des Fahrzeugs nicht nur eine Digitalfunkantenne, sondern auch eine für den Analogfunk vorhanden.
Um die Bevölkerung in Großschadens- und Katastrophenlagen effizient warnen zu können, gibt es im Einsatzleitwagen die Möglichkeit – entweder live oder vom Band – Warnansagen abzuspielen.
Im Heck des Fahrzeugs befindet sich weitere Ausrüstung: Neben einem Stromerzeuger, Handwerkzeug, mehreren Verkehrsleitkegeln und Euro-Blitzern, Faltsignalen, einem Feuerlöscher
und einem Megafon liegen in einer Kiste außerdem mehrere Funktionswesten bereit. Diese werden für die Einsatzleitung, die Abschnittsleitungen, den Pressesprecher, den Atemschutzkoordinator oder den Führungsassistenten vorgehalten.
In einem ausziehbaren Schrank zwischen den Arbeitsplätzen und dem Fahrer/Beifahrer lagert ein Multifunktionsgerät, das in DIN-A4 faxen, kopieren, scannen und drucken kann.
Zur Lagedarstellung für die Einsatzleitung und die Führungskräfte führt der ELW einen großen Außenmonitor mit, der auf einem Dreibein neben dem Fahrzeug aufgestellt werden kann.
Zur Einsatzbearbeitung nutzt die Freiwillige Feuerwehr Bad Honnef bereits seit geraumer Zeit die Einsatzleitsoftware EDP4. Sie ermöglicht u.a. eine schnelle und übersichtliche Einsatzdokumentation und Kräfteübersicht, flexible Schnittstellen zum Kommunikations- und Telefonsystem sowie eine georeferenzierte Lagekarte. Für die Software befindet sich im ELW ein eigener Server.
Besetzt wird der Einsatzleitwagen durch ein eigenes ELW-Team der Löschgruppe Rhöndorf. Im letzten Jahr rückten die ELW-Besatzungen zu insgesamt 59 Einsätzen aus (nicht mit eingerechnet sind Einsätze, bei denen der ELW nicht separat alarmiert wurde). Bei größeren Einsätzen wird das Personal von Kameradinnen und Kameraden der IuK-Einheit (IuK ist die Abkürzung für Information und Kommunikation) der Feuerwehr Bad Honnef unterstützt. Größere Einsätze waren hierbei mehrere Wasserrettungs-, Waldbrand- und Gebäudebrandeinsätze sowie ein Kampfmittelfund im Stadtteil Aegidienberg. Letzterer erforderte besonders viel Koordinierungsaufwand durch den Einsatzleitwagen.
Insgesamt ist es den Verantwortlichen der Freiwilligen Feuerwehr Bad Honnef und der Firma GSF bereits zum zweiten Mal gelungen einen einzigartigen Einsatzleitwagen zu realisieren, der seinesgleichen sucht. Er besticht durch seine durchdachte Beladung, seine bauliche Aufteilung und hochmoderne Funk- und Kommunikationssysteme.
Ob Großschadenslage, Unwetter, Stromausfall oder Regeleinsatz, der neue ELW ist für alle Szenarien optimal gerüstet und auf die Zukunft vorbereitet.
Wir wünschen der Besatzung des Rhöndorf ELW erfolgreiche Einsätze und stets eine gute Fahrt!
Text: HBM Markus Prinz